Selbstständig Ratgeber

Scheinselbstständigkeit erkennen und vermeiden

Kurz & Knapp

Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn Sie formal selbstständig sind, aber faktisch wie ein Angestellter arbeiten: Weisungsgebunden, nur ein Auftraggeber, in den Betrieb eingegliedert. Die Folgen sind gravierend: Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für bis zu 4 Jahre – und der Auftraggeber haftet!

Die wichtigsten Kriterien

KriteriumSelbstständigScheinselbstständig
AuftraggeberMehrereNur einer (oder >5/6 Umsatz)
WeisungsgebundenheitNein, eigene EntscheidungenJa, Vorgaben zu Was/Wie/Wann
Arbeitszeit/-ortFrei wählbarVom Auftraggeber vorgegeben
EingliederungEigenes UnternehmenIn Betrieb eingegliedert
BetriebsmittelEigeneVom Auftraggeber gestellt
UnternehmerrisikoTrägt selbstKeines (festes Honorar)

Die 5 wichtigsten Warnsignale

  1. Nur ein Auftraggeber oder mehr als 5/6 des Umsatzes von einem
  2. Keine eigenen Mitarbeiter und kein eigenes Büro
  3. Feste Arbeitszeiten im Büro des Auftraggebers
  4. Gleiche Arbeit wie Angestellte des Auftraggebers
  5. Kein eigenes Auftreten am Markt (keine Website, keine Werbung)

Die Konsequenzen

Für den Auftraggeber:

  • Nachzahlung aller SV-Beiträge (4 Jahre)
  • Arbeitgeber- UND Arbeitnehmeranteil
  • Säumniszuschläge (1%/Monat)
  • Strafverfahren bei Vorsatz

Für den Scheinselbstständigen:

  • Verlust des Selbstständigen-Status
  • Rückzahlung von Steuervorteilen
  • Auftraggeber kann Honorar kürzen
  • Ggf. Steuernachzahlung
Beispiel: Nachzahlung bei Scheinselbstständigkeit

Situation: 4 Jahre als "Freelancer" für nur einen Kunden gearbeitet

Honorar: 5.000€/Monat = 60.000€/Jahr

SV-Beiträge (ca. 40% vom Brutto)24.000€/Jahr
× 4 Jahre Nachzahlung96.000€
+ Säumniszuschläge (ca. 15%)14.400€
Gesamtnachzahlung110.400€

Der Auftraggeber muss alles zahlen – kann aber vom Freelancer die AN-Anteile zurückfordern!

So vermeiden Sie Scheinselbstständigkeit

  1. Mehrere Auftraggeber
    Mindestens 3 verschiedene Kunden, keiner über 5/6 des Umsatzes.
  2. Unternehmerisches Auftreten
    Eigene Website, Visitenkarten, Akquise-Aktivitäten, eigenes Logo.
  3. Eigene Betriebsmittel
    Eigener Laptop, Software, Büro (auch Home-Office).
  4. Flexible Arbeitsgestaltung
    Zeit und Ort selbst bestimmen, keine festen Bürozeiten beim Kunden.
  5. Klare Vertragsgestaltung
    Werkvertrag statt Dienstvertrag, Projektbasis statt Stundenbasis.

Statusfeststellungsverfahren

Bei Unsicherheit können Sie bei der Deutschen Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren beantragen. Das Ergebnis ist verbindlich und schützt beide Seiten.

Antrag stellen:

Achtung: Die Prüfung kann auch von Amts wegen (z.B. bei Betriebsprüfung) eingeleitet werden. Dann ist es zu spät für Korrekturen!

Häufige Fehler vermeiden

  • Nur wegen Vertrag denken "ist schon selbstständig" – Die tatsächlichen Verhältnisse zählen, nicht der Vertrag!
  • Langfristig nur für einen Kunden arbeiten – Aktiv weitere Kunden akquirieren oder Risiko dokumentieren.
  • Im Kundenbüro mit deren Equipment arbeiten – Eigene Hardware nutzen, flexibel arbeiten (remote wenn möglich).

Häufige Fragen

Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn jemand formal selbstständig ist, aber wie ein Angestellter arbeitet: weisungsgebunden, in den Betrieb eingegliedert, überwiegend für einen Auftraggeber tätig. Die Folge: Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für bis zu 4 Jahre.

Mehrere Auftraggeber haben, eigenes Unternehmensrisiko tragen, frei über Zeit/Ort/Art der Arbeit entscheiden, eigene Betriebsmittel nutzen und nicht in die Betriebsorganisation eingegliedert sein. Im Zweifel: Statusfeststellungsverfahren beantragen.

CuiveMedia Redaktion

Fachredaktion Finanzen & Steuern

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Hinweis: Die Inhalte dieser Seite dienen der allgemeinen Information und ersetzen keine professionelle Steuerberatung. Für individuelle Fragen wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater oder das zuständige Finanzamt.
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Zuletzt geprüft: 15.01.2025